"Religiös begründete Verfolgung muss aufhören"

Karamat.eu - Der Beauftragte der Bundesregierung für weltweite Religionsfreiheit, Markus Grübel MdB, hat am Donnerstag, 31. März 2021 eine Erklärung zu den massiven und anhaltenden Menschenrechtsverletzungen in Iran abgegeben.

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Die Bundesregierung sorgt sich mehr und mehr um die massiven Menschenrechtsverletzungen in Iran. Eine Sorge, die wir bei Karamat teilen. Es werden vor allem Menschen verfolgt, die der offiziellen Ideologie nicht huldigen können, da sie gegen das Gewissen dieser Menschen verstößt. Die offizielle Ideologie in Iran verlangt absoluten Gehorsam gegenüber dem sogenannten "Obersten Führer" (auch Oberster Rechtsgelehrter genannt), dem man gerne eine Nähe zu Gott zuschreiben will, sprich einen Status der Heiligkeit und dadurch der letzten Wahrheitsinstanz auf Erden. Zugleich strebt das Regime einen schrittweisen Export seiner Ideologie in Dritte Welt Länder an und besetzt gleichzeitig Posten an wichtigen Schaltstellen europäischer Universitäten und anderer Institutionen.

Die Bundesregierung schreibt dazu in ihrem 2. Bericht zur weltweiten Lage der Religionsfreiheit : "Unliebsame Äußerungen von Journalistinnen und Journalisten, aus der Zivilgesellschaft oder von Menschenrechtsverteidigenden werden als „Propaganda gegen den Staat“, „Verunglimpfung der Religion“ oder „ Feindschaft gegen Gott“ gewertet und strafrechtlich verfolgt. Das Recht auf Versammlungsfreiheit wird in Iran ebenfalls nicht gewährleistet".

Von den Verfolgungen sind vor allem Gonabadi Sufi Derwische und Baha'i, aber auch konvertierte Christen oder Sunniten betroffen, sowie zahlreiche Ethnien, wie z.B. Kurden, Belutschen oder Araber. Selbst säkular gesinnte Muslime werden attackiert, während ihre Anführer in Haft kommen.

Aus dem 2. Bericht der Bundesregierung zur weltweiten Lage der Religionsfreiheit (Berichtszeitraum 2018 bis 2019), Seite 107:

"Die Derwische folgen der Zwölfer-Schia, lehnen jedoch jede Form des politischen Islam ab. Seit 2006 sind siein Iran Opfer von gezielter Propaganda, die sie als „Teufelsanbeter“ und wegen ihrer Unterstützung für Mehdi Karroubi als „Soldaten der Intrige“ darstellt. Wegen ihrer regimekritischen Haltung sowie ihrem Einsatz fürsoziale Belange und Menschenrechte werden sie immer wieder verfolgt und verhaftet. Zuletzt protestierten im Februar 2018 etwa tausend Derwische des iranischen Gonabadi Ordens gegen die Inhaftierung eines Glaubens-bruders. Die Proteste endeten gewalttätig; es gab fünf Tote, ca. 30 Verletzte sowie zahlreiche Festnahmen und ein Todesurteil gegen einen Derwisch, das auch vollstreckt wurde."

Nun hat der Beauftragte der Bundesregierung für weltweite Religionsfreiheit, Markus Grübel MdB, am Donnerstag, 31. März 2021 eine Erklärung zu den massiven und anhaltenden Menschenrechtsverletzungen in Iran abgegeben. (Farsi, English)

Erklärung des Beauftragten der Bundesregierung für weltweite Religionsfreiheit, Markus Grübel MdB, zur Diskriminierung und Verfolgung der Sufis und der Baha’i in Iran:

„Ich fordere die iranische Regierung dazu auf, die sich in Haft befindenden Anhänger religiöser Gruppierungen wie der Sufis und Baha’i freizulassen und die religiös motivierte Verfolgung zu beenden. Niemand darf aufgrund seines Glaubens oder seiner Religion diskriminiert werden. Insbesondere in Anbetracht der potentiellen erneuten Verhandlungen zu einem Nuklearabkommen mit Iran darf die Weltgemeinschaft ihre Augen nicht vor dem Leid dieser Menschen verschließen. Ein erneutes Abkommen muss auch ganz klar an die Einhaltung von Menschenrechten geknüpft sein.“

Religiöse Minderheiten in Iran sind oft schwerer Anfeindung und Diskriminierung ausgesetzt. Anders als Christen, Juden und Zoroastrier sind die Baha’i und die Anhänger sufistischer Orden nicht anerkannt und werden von der schiitisch geprägten Regierung als „Häretiker“ betrachtet. Sie werden systematisch überwacht und verfolgt.

Auch weiterhin befinden sich zahlreiche Derwische und Baha’i aufgrund ihres Glaubens in Haft, einige von ihnen unter lebensbedrohlichen Bedingungen. Immer wieder kommt es zu Folter. Seit 2018 sind mindestens drei Derwische des sufistischen Gonabadi-Ordens in Hausarrest oder Haft verstorben. Am 1. April gedenken die iranischen Sufis dem Tod von Behnam Mahjoubi, einem Derwisch, der im vergangenen Februar in iranischer Haft verstarb.

Mitglieder der Baha’i-Gemeinschaft im nordiranischen Dorf Ivel werden von ihren Grundstücken vertrieben. Bildungseinrichtungen und Gebetshäuser werden oftmals angegriffen oder gar zerstört. Kinder werden eingeschüchtert, der Zugang zu höherer Bildung wird ihnen verwehrt.

Dieses Vorgehen ist inakzeptabel. Ich fordere die iranische Regierung dazu auf, Anhänger der Baha’i und von Sufi-Orden sowie anderer religiöser Gruppen, die aufgrund ihres Glaubens verhaftet wurden, umgehend frei zu lassen und die Verfolgung zu beenden. Dies gilt auch für Menschen, die aufgrund ihrer Konversion zu einer anderen Religion, wie dem Christentum, verfolgt und verhaftet werden.

Religiös begründete Verfolgung muss aufhören. Jeder Mensch hat das Recht, seine Religion oder seinen Glauben frei zu wählen und zu praktizieren. Ich fordere die internationale Gemeinschaft dazu auf, bei der möglichen Neuverhandlung eines Nuklearabkommens mit Iran die Einhaltung der Menschenrechte einzufordern.“

Markus Grübel MdB
Beauftragter der Bundesregierung für weltweite Religionsfreiheit

Hintergrund:

Sufis oder Derwische folgen einer spirituellen Auslegung des Islam. Der Orden der Gonabadi-Sufis hat weltweit um die 5 Millionen Anhänger und geht auf das 13. Jahrhundert zurück. Im Februar 2018 protestierten etwa eintausend Anhänger des gegen die Inhaftierung eines Derwisch. Daraufhin wurden 300 festgenommen, es gab fünf Tote und zahlreiche Verletzte.

Auch die Bahá’i-Gemeinschaft in Iran (ca. 300.000 Anhänger) ist seit ihrer Entstehung 1844 Diskriminierung ausgesetzt. Baha’i dürfen ihren Glauben nicht öffentlich leben und leiden ebenso unter willkürlichen Verhaftungen und Folter. Da sie ebenso wie die Derwische die religiöse Autorität der Regierung nicht anerkennen, werden sie als Gefahr für die nationale Sicherheitbetrachtet.

Hier geht es zur Seite des Beauftragten der Bundesregierung für weltweite religiöse Freiheit: Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit.

Karamat begrüßt ausdrücklich die Erklärung von Markus Grübel, MdB, denn Sie unterstützt in vollem Umfang die Mission des Vereins. Ein Austausch auf Augenhöhe zwischen Menschen aus Europa und dem Nahen Osten (dem Orient) ist eine Notwendigkeit der Zeit und gleichzeitig müssen wir Augen und Ohren offen halten für politische Einflussnahmen eines Staates, der eine äußerst Friedens gefährdende Ideologie zu verbreiten versucht und müssen einem solchen Trachten deutliche Riegel vorschieben.

 

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