Wie wir mit Hilfe des Korans die Werte unserer Zivilisation erhalten können

Karamat.eu - Die Vertreter einer aggressiven und zerstörerischen politisch-religiösen Ideologie arbeiten unermüdlich an ihrem Ziel die Herzen und Köpfe der Menschen in Ost und West zu vergiften. Viele solcher Verführer verbergen sich hinter dem Begriff Islam und behaupten im Namen des Islams oder im Auftrag Gottes zu handeln. Wir haben bei einem Korankenner (Hafez - jemand, der den Koran auswendig memoriert hat) und vergleichenden Religionswissenschaftler nachgefragt, wie den Gefahren einer global auftretenden und vereinnahmenden Kraft die Stirn zu bieten sei.

Dr. Seyed Mostafa Azmayesh


Karamat.eu - Über den Koran als Buch der Methode der Herzheilung und die Pervertierung des Islams durch machthungrige Protagonisten 

Interviewer: Das Heilige Buch der Muslime, der Koran, scheint Ihnen sehr am Herzen zu liegen. Ihre Forschungen beschäftigen sich mit dieser für Muslime wichtigsten Quelle. Warum ist es Ihnen so wichtig immer wieder auf den Koran zu sprechen zu kommen, anstatt zum Beispiel an der Gestaltung einer zukünftigen Gesellschaft mit zu wirken, die jenseits dieser Quelle in einer freien Diskussion auf der Basis von Werten stattfinden könnte?

Dr. Azmayesh: Vor einem Monat fand in Hamburg eine sehr interessante Konferenz zu säkularer Demokratie in Iran statt. Die allermeisten Beiträge forderten ein säkulares System für Iran, das ethnische, kulturelle, religiöse Vielfalt, wie sie im Iran gegeben ist, respektiert.

Das Land Iran ist ein Mosaik sehr verschiedener Glaubensrichtungen und Weltanschauungen wie jene der Mandäer, der Juden, der Christen, der Muslime und vieler weiterer.

Ein religiöses Herrschaftssystem kann nicht allen seinen Bürgern gleiche Rechte gewährleisten. Von dem Augenblick an, da eine Gesellschaft unter einem bestimmten Glaubensetikett steht, wie zum Beispiel "Islamische Republik Iran" oder "Christliche Republik" irgendeines anderen Landes, werden die Bürgerinnen und Bürger dieses Landes kategorisiert werden in Bürger erster Klasse und Bürger zweiter Klasse ohne gleiche Rechte in Anspruch nehmen zu können. Das bedeutet eine solche Gesellschaft wird in die Falle religiöser Apartheid tappen und eine religiöse Trennung ist die schlimmste Form von Apartheid.

Jene, die ein mit einem religiösen Dogma wie Islam, Christentum oder einer anderen Religion verknüpftes Regierungssystem etablieren möchten, geben vor, Gott habe diese Religion gegeben, um ein solches Herrschaftssystem zu schaffen - denn unter der Führung dieser Religion könnten die Menschen eine perfekt funktionierende Gesellschaft, wie eine Art Paradies auf Erden haben. Das ist, was sie behaupten. Stimmt diese Behauptung? Um diese Behauptung zu überprüfen, müssen wir uns mit dem Koran beschäftigen, um herauszufinden, was dazu wirklich geschrieben steht. Steht im Koran geschrieben, die Hauptbotschaft der Propheten sei die Schaffung eines Herrschaftssystems oder steht nicht vielmehr geschrieben, es sei ihre Mission gewesen die Menschen darin zu unterweisen, ihre seelisch-geistigen Fähigkeiten zu entwickeln, sich zu ritterlich gesinnten Menschen (Javânmardi) zu entwickeln und wie sie den Zustand der inneren Entfremdung und des kranken Herzens in einen Zustand der Verbundenheit und des heilen Herzens verwandeln können?

Wenn die Menschen die genauen und korrekten Erläuterungen über die Lehren des Korans als Hauptquelle des Islams nicht kennen, kann jeder Prediger im Namen des Islams sprechen und seine Meinung als Gottes Ansicht darstellen, seine eigenen Gedanken dem Islam zuschreiben, seine Meinung und Ansichten hinter dem Namen Islam verbergen. Nimmt man sich aber den Koran genauer vor und studiert ihn in aller Tiefe, kann man unterscheiden, was darin geschrieben steht und was nicht. Damit verschließt man die Türen gegenüber den zahlreichen Scharlatanen, die sich als Schöpfer einer Unzahl abergläubischer Mythen und Praktiken betätigen. Ein Studium des Korans könnte verhindern, in die Falle der Vermischungen, der Missverständnisse, der Verneblungen über den Charakter des Korans zu tappen. Oft sind diese Vermischungen, Verneblungen und Missverständnisse Folge von Unwissenheit, fehlendem Bewusstsein und mangelndem Interesse, genauer hinzuschauen.

Dies ist der Grund für eine notwendige Analyse der Zukunftsszenarien unserer westlichen Gesellschaften. Wir sind heute konfrontiert mit einigen Schwierigkeiten im Zusammenhang mit dem Islam, auch mit den Flüchtlingen, die einen Bezug zu Islam haben. Oft genug vertreten diese neuen Muslime ihre Ansichten und bringen sie mit Islam in Verbindung. 

Westliche Politiker wollen gemäß der Werte einer offenen und demokratischen Gesellschaft den Glauben der Menschen, die in ihr Land kommen, respektieren. Wenn dann Migranten alles Mögliche tun und behaupten, es sei Teil ihrer Religion, aber diese Politiker den Rahmen und die Lehren dieser Religion nicht kennen, nehmen sie deren Tun einfach hin. Doch wenn auch die Politiker im Westen sich eingehend mit dem Koran beschäftigen, wird ihnen klar: entweder die Behauptung stimmt oder es ist eine Behauptung, die nichts anderes zum Ziel hat, als die Möglichkeiten der Demokratie zu missbrauchen, um die demokratische Grundordnung selbst zu zerstören. 

Aus diesem Grund weise ich immer wieder auf den Koran, weil er die klare Unterscheidung möglich macht. Es geht überhaupt gar nicht darum, in die Zeit vor 15 Jahrhunderten zurück zu kehren und eine Gesellschaft, die für jene Zeit vielleicht passend war, nachzubauen! Ganz und gar nicht! Den Koran in aller Tiefe kennen lernen, bedeutet, die unseligen Vermischungen zu vermeiden, um schließlich die Zivilisation vor einer Zerstörung zu bewahren. Der Sinn, den Koran und seine Lehren zu verstehen, liegt darinnen, die Werte der Demokratie in unserer Gesellschaft zu erhalten. Das ist der einzige Grund, warum ich immer wieder auf die Notwendigkeit zu sprechen komme, den Koran zu verstehen.

Interviewer: Wie können Sie sicher sein, dass der Koran eine eindeutige Interpretation und möglicherweise nur eine richtige Deutung hat? Liegt da nicht eine Gefahr darin, zu sagen es gäbe nur eine Interpretation, eine Wahrheit? Einerseits haben wir die zahlreichen und vielfältigen persönlichen Deutungen gemäß den Auffassungen und Absichten einiger Prediger und auf der anderen Seite die Gefahr nur einer wahren Interpretation einer Person, die meint ihre Interpretation sei die einzig richtige?

Dr. Azmayesh: Jeder Text kann von Tausend Lesern in tausendfacher Weise aufgefasst und interpretiert werden. Das Problem liegt nicht in der Interpretation des Korans, sondern in den Zuschreibungen, die man vornimmt, was angeblich im Koran steht. Manche haben eine Menge neuer Ideen erfunden und schreiben sie dem Koran zu, als würden sie im Koran geschrieben stehen. Man kann leicht mit einem Blick in den Koran sehen, dass dieser an keiner Stelle über eine Zwangsverschleierung von Frauen spricht. Die gibt es dort nicht. Doch eine große Anzahl Muslima sagen, dass sie ein Kopftuch tragen, da es Teil ihrer Religion sei, wie es im Koran geschrieben sei - doch davon steht im Koran kein Wort.

Es gibt Leute, die behaupten sogar, dass Steinigung als Todesstrafe Teil islamischer Gesetze sei. Jemanden durch Steinigung zu töten, kommt im Koran nicht vor, jedoch in Islamischer Jurisprudenz (Feqr). Es ist eine Erfindung der klerikalen Hierarchie der Muslime. Im Koran kommt dies nicht vor.

Zumindest können wir durch eine intensive Beschäftigung mit dem Koran feststellen, was darin geschrieben steht und was von den Erfindern abergläubischer Vorstellungen zum Islam hinzugefügt wurde und im Koran fehlt. Ich spreche nicht von der Notwendigkeit, nur eine Interpretation des Korans zu haben. Was mir wichtig ist, ist zu unterscheiden zwischen dem, was im Koran steht und was eine Hinzufügung durch die Rechtsgelehrten (Feqr) ist. Viele glauben, dass Feqr Teil des Korans sei, das ist nicht wahr.

Interviewer: Wie lassen sich die Gefahren für den Zusammenhalt der Gesellschaft durch Islamophobie einerseits und andererseits durch den Missbrauch des Islams mittels Hinzufügungen zum Koran durch Machthaber, die sich hinter dem Namen Islam verbergen, abwenden?

Der Koran ist ein Buch über die Heilung des Herzens

Dr. Azmayesh: Ja, darin liegt eine große Gefahr. Es leben über eine Milliarde Muslime in der Welt, von denen ich behaupte, dass die meisten nicht wissen, was Islam ist. Sie halten Islam für das, woran sie glauben und sich darunter vorstellen mögen. Oft folgen zahlreiche Muslime blindlings ihren Vorbetern. Doch diese Prediger kennen nicht wirklich den Islam des Korans. Sie haben nicht den Koran studiert, sie haben Überlieferungen (Revâyat) studiert, die man später dem Propheten Mohammed in den Mund gelegt hat. Diese Prediger haben nie über die Tiefen der koranischen Lehren nachgedacht. Ich halte das für einen sehr gefährlichen Umstand, denn wir haben dadurch alle möglichen Vorstellungen, was Islam sei. Da zeigen sich dann Versionen von Islam, die brutale Strenge, Hetze, Beschimpfungen, Wut auf andere, als Islam propagieren - Versionen, die nicht auf Gleichheit oder Gerehtigkeit beruhen, Versionen, die den Lehren und Prinzipien des Korans absolut widersprechen.

Der Koran ist ein Buch über die Heilung des Herzens, wie es ausdrücklich im Koran geschrieben steht. Islam ist ein Pfad, eine Methode (din)[1], welche Menschen bei der Entwicklung von einem Zustand des Krankseins (soghm) des Herzens zu einem Zustand des heilen Herzens (selm) hilfreich sein kann. Die Lehren des Islams sind eine Einladung an jeden Menschen, Gott um Frieden, Heilsein, Gesundsein für jedes Geschöpf auf Erden zu bitten. Salâm (Frieden im Herzen) ist der bedeutendste Name Gottes.

Man kann diese Situation mit einer Pyramide, die von ihren stabilen Füßen auf die Spitze gedreht wurde, vergleichen. Die Lehren, die Werte, die Bedeutung des Korans sind komplett umgestülpt worden. Das hat zu beängstigenden Umständen geführt. Viele Menschen sind voller Ängste angesichts der Scheußlichkeiten und brutalen Handlungen im Namen von Islam. Die Menschengruppen, die sich in einigen Städten im Osten zusammentun, um einen ihnen Unbekannten gemeinsam zu steinigen, werden von ihren lokalen Predigern ermutigt dies zu tun. Und tatsächlich führen diese Leute das aus und glauben dabei, dass sie dadurch ins Paradies kommen! Sie denken, ihr Handeln sei im Sinne Gottes und sie würden damit Gott gefallen. Solch eine Untat wird nirgends im Koran gefordert und widerspricht in Gänze dem Geist und den Lehren des Korans. Auf Grund solcher Scheußlichkeiten im Namen des Islams, werden Menschen Islam mehr und mehr als Schreckgespenst wahrnehmen, das Angst auslöst. Das Gefühl der Menschen unterschiedlicher Gesellschaften diesbezüglich ist stimmig, wenn sie sehen wie Menschen andere Menschen enthaupten. Das ist wahrlich erschütternd und macht Angst - und es geschieht im Namen einer Religion, im Namen des Islams.

Von beiden Seiten herrscht Unkenntnis über Islam, doch beide Seiten sehen eine Menge Scheußlichkeiten und haben Angst. Es gibt zerstörerische Kräfte, die sich auf den Weg gemacht haben, alle zivilisatorischen Errungenschaften zu vernichten. Sie klopfen an die Türen der zivilisierten Welt. Die einzige Lösung dieses schwerwiegenden Problems im 21. Jahrhundert liegt darin, die wirklichen Lehren des Korans zu kennen und die Stimmung der Angst, die um den Koran herrscht, aufzulösen.

Wenn die Leute entdeckt haben werden, was Islam bedeutet, werden sie sich über diese Aspekte austauschen: Brüderlichkeit, die Bedeutung eines heilen Herzens (selm), Güte, Frieden, Gesundheit, sinnvolle Handlungen, gute Absichten, Sorgfalt und Achtsamkeit - alles Werte, die im Koran erläutert werden - und insbesondere das Prinzip der Ritterlichkeit (fotowwat/javânmardi).  Alles was im Koran von entscheidender Bedeutung ist, wird wie eine Art Zusammenfassung aller Unterweisungen des Propheten Mohammed und anderer Propheten in der Sure al-Ensân (Der Mensch) dargestellt.

Wie kann man eine gute Person sein? Wie kann man für seine Umgebung inspirierend, hilfreich, unterstützend sein? Dies wird im Koran erzählt.

Wie kann man die Stufe von Ritterlichkeit (fotowwat/javânmardi) oder innerem Adel erreichen? Wie kann man altruistisch handeln, andere Menschen unterstützen? Es wird im Koran erklärt.

Es wird vom Islam gesagt, die Leute würden sich umbringen und sie seien gegen menschliche Werte, aber sie folgen den Einflüsterungen ihres Egos - der Koran ermutigt an keiner Stelle blindlings dem eigenen Ego zu folgen oder den Anweisungen der Leute, deren Führer ihr Ego ist.

Der Koran fordert auf: "Erkenne dich selbst, um deinen Schöpfer zu erkennen und ein Edler im Geiste (javânmard) zu werden, um andere zu unterstützen" - darin findet sich die tiefe Weisheit des Korans. Für mich ist dies die einzige Lösung, um die Angst vor dem Islam und vor dem Koran aufzulösen.

Interviewer: Haben Sie eine Botschaft für Christen, Atheisten, Materialisten, warum sie ihren Gedanken Beachtung schenken sollten - denn manche sagen: "was kümmert mich der Koran oder Religion! Man soll mich damit in Ruhe lassen!" Haben Sie für Menschen mit einer solchen Ansicht eine Botschaft?

Dr. Azmayesh: Die Botschaft des Korans diese Frage betreffend ist sehr sehr eindeutig. Der Koran wendet sich an die Menschheit. Er unterscheidet nicht zwischen schwarzer und weißer Hautfarbe, legt kein Gewicht auf kulturelle Unterschiede, geht nicht auf Rassenunterschiede ein, betont nicht die unterschiedlichen Traditionen der Menschen oder ihre Meinungen oder ihre Glaubensvorstellungen und Religionen...

Der Koran spricht das Wesen Mensch als Stellvertreter Gottes auf Erden mit verschiedenen Bezeichnungen an: yâ hajju al-Ensân (oh, ihr menschliche Wesen), yâ hajju an-Nâs (oh, ihr Leute), yâ bani âdam (oh, ihr Kinder Adams). Die Botschaft des Schöpfers ist eine universelle Botschaft an jeden Menschen jenseits seiner Meinung, seiner Religion, seines Glaubens oder Unglaubens...

Von dem Moment, da eine Person Teil der Menschheit ist, von dem Augenblick da sie als Fötus im Leib ihrer oder seiner Mutter heranwächst, gilt diese Person als menschliches Wesen und als potentielle Stellvertreterin Gottes auf Erden und er oder sie tragen die Krone des Schöpfers des Universums und stehen im Fokus seiner Aufmerksamkeit. Dies ist die Botschaft des Korans.

Der Koran schildert auch die Unterschiede zwischen Menschen, wie sie divergierende Meinungen, Glaubensvorstellungen, Talente, Abstammung, Hautfarbe, Kulturen haben, aber alle vor Gott gleich sind. Nur Gott allein weiß, wer ihm näher ist in der Entwicklung seines geistigen Wesenskerns und seiner Seelenfähigkeiten, wer für diese Entwicklung mehr tut. Dieses Urteil kann sich kein Mensch über seine Mitmenschen anmaßen.

Für Menschen einer Zivilisation gilt die Maxime der Gleichheit und auch der Gleichbehandlung anderer. Wer sich selbst in seiner spirituellen Entwicklung ernst nimmt, kann schon dazu kommen, sich zu sagen: "Frage nicht nach den Ansichten oder Glaubensvorstellungen deines Gegenübers, sondern hinterfrage deine Vorurteile und Vorbehalte, geh ins Gericht mit deinem Ego."

Das Ego verführt uns alle einseitige oder ausgrenzende Entscheidungen zu treffen. Somit wäre eine Selbsterziehung angebracht, um die falschen Anweisungen des Egos abzuwenden, anstatt zu versuchen, andere zu maßregeln und zu erziehen, obwohl wir uns zunächst selbst erziehen sollten. Der Koran sagt dazu: "Du willst andere anweisen und führen und vergisst dabei dich selbst anzuleiten." Das Ego gilt im Koran als der bedeutendste Gegner jedes Menschen. Wir alle beachten Probleme, die vom Ego herrühren viel zu wenig, neigen aber dazu, andere erziehen zu wollen. Das schädlichste Herrschaftssystem jedoch entsteht dadurch, dass eine Person anderen Menschen Anweisungen gibt und diese Anweisungen Gott zuschreibt und dazu noch ein theokratisches System aufstellt. Das führt zu dem schlimmsten tyrannischen System in der Welt. Der Koran lehnt ein solches tyrannische System gänzlich ab.

In den Versen, die sich auf die Propheten David und Salomon beziehen, wird ausdrücklich darauf hingewiesen, wie wichtig es sei, sein Ego zu beherrschen und Gerechtigkeit walten zu lassen, gerecht zu handeln. Das sollte alles berücksichtigt werden, um das Idealbild einer gerechten Gesellschaft gemäß dem Modell Salomons und Davids, wie es im Koran dargestellt wird, zu kennen.

Interviewer: Wie könnte die Zukunft des Islams in Europa ihrer Ansicht nach aussehen?

Dr. Azmayesh: Es kommen viele Menschen nach Europa, die sich als Muslime betrachten, da sie in muslimische Familien hineingeboren wurden. Sie wissen nicht was Islam ist. Die allermeisten von ihnen haben sich nie mit dem Koran beschäftigt oder sich mit den tieferen Bedeutungsschichten der Koranlehren auseinandergesetzt. Sie betrachten sich selbst als Muslime, da sie einer muslimischen Familie entstammen. In ihrer Heimat haben sie Moscheen besucht, wo sie durch die Predigten ihrer Prediger Ideen eingepflanzt bekommen haben, die man auch als Gehirnwäsche bezeichnen kann. In diesen Predigten wird nicht Islam gelehrt oder besprochen, sondern es werden eigene Meinungen oder Meinungen höhergestellter Kleriker zum Besten gegeben, die als Lehren Gottes dargestellt werden.

Im Grunde wissen viele dieser Einwanderer gar nicht, dass sie Islam gar nicht kennen. Jetzt kommen sie in den Westen und sind mit der hiesigen Gesellschaft konfrontiert und lernen die Sprache des jeweiligen Landes, wo sie gerne bleiben würden. Dieser Umstand ist eine Chance und Gelegenheit für sie, nicht nur diese neue Kultur zu lernen, diese neue Sprache aufzunehmen, diese neuen gesellschaftlichen Normen zu übernehmen, sondern auch mit den neuen Lernmethoden den Koran und Islam verstehen und aufnehmen können. Sie brauchen eine umfassende Bildung und gleichzeitig ist es für die westlichen Regierungen eine Gelegenheit über die Notwendigkeit einer gelingenden Integration nachzudenken und Entscheidungen zu treffen, wie die Werte einer modernen demokratischen Gesellschaft angemessen vermittelt werden können, aber auch wie diese Muslime ihr eigenes Heilige Buch verstehen lernen können.

Hier können Korankenner helfen - Menschen, die sowohl die Lehren des Korans verstehen gelernt haben, als auch mit beiden Beinen auf dem Boden moderner westlicher Grundwerte stehen. Die westlichen Führer sollten Korankenner mit dieser Aufgabe betrauen. Es geht auch darum die Weichen zu stellen, künftigen Generationen zu ermöglichen an einer lebendigen und funktionierenden Gesellschaft weiter zu bauen. Diese Korankenner und in den westlichen Grundwerten verankerten Menschen könnten der Katalysator sein, die vielen Zugewanderten zu ermutigen, ihre eigene Religion und Kultur verstehen zu lernen.

Wer glauben sollte, dass Integration ohne weiteres Zutun von alleine gelingen kann, begeht in meinen Augen einen folgenreichen Fehler. Ich appelliere an die westlichen Regierungen über den vorgeschlagenen Ansatz nachzudenken.

Bei meinem vorgeschlagenen Ansatz geht es darum, folgendes Szenario abzuwenden: die vielen neu hinzugekommenen Menschen werden Gefahr laufen am Rande der Gesellschaft zu leben und westliche Werte mehr und mehr ablehnen, weil ihnen von den Predigern eingebläut wurde, dass sie höher wertig als Nicht-Muslime seien. Es wurde ihnen weisgemacht, dass Islam die zuletzt offenbarte Religion sei, die daher die beste Religion sei, wodurch die Muslime höherwertig als andere seien. Die Prediger schärfen ihnen ein, sich von niemandem etwas sagen zu lassen oder anderen Ansichten Raum zu geben. Die Prediger in den Heimatländern haben ihnen eingeredet, sie müssten nur diesen Vorstellungen treu bleiben. So könnte die Anzahl dieser Art von Muslimen innerhalb der modernen und demokratischen Gesellschaften wachsen bis zu dem Tag, da die gegensätzlichen Lebensmodelle gewaltsam auf einander treffen werden. Ich sehe eine große Gefahr, dass dieses Szenario eintritt.

Jetzt ist die richtige Zeit für die westlichen Staaten Vorsorge zu treffen - und dabei können Menschen helfen, die schon lange im Westen leben und die demokratischen Werte verinnerlicht haben, aber auch die Sprache und Kultur und die Herkunftsszenarien der eingewanderten Muslime kennen. Die Vorsorge besteht darin, Bildung in Bezug auf Islam und Koran und in Bezug auf die Vereinbarkeit mit westlichen Werten zu betreiben, um zukünftigen Generationen ein Leben in Frieden und Wohlfahrt miteinander zu ermöglichen.

Falls uns das nicht gelingt und wir tatenlos zusehen, stehen die westlichen Gesellschaften vor einer langen Zeit der Krisen und Unruhen.

Interview mit dem französisch-iranischen Religionswissenschaftler und Menschenrechtler Dr. Seyed M. Azmayesh vom 08.10.2016 in Hannover

Helmut N. Gabel


[1] din - ursprünglich ein Sanskrit Wort, das in die aramäische Sprache eingeflossen ist. Aramäisch war lange Zeit lingua franca im Nahen und Mittleren Osten rund um die Lebenszeit Jesu und später. Aus dem Aramäischen ist das Wort über den Koran ins Arabische eingegangen. Das Wort bedeutet Methode, Pfad, in diesem Fall meint es eine Methode innerer Entwicklung. Manche übersetzen das Wort mit Religion, dies entspricht nicht der eigentlichen Bedeutung des Wortes.

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